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Living on my Instinct

Living on my Instinct erkundet die Schnittstellen zwischen Tanz und Fotografie. Obwohl die Bühne zunächst zahlreiche Möglichkeiten bot, stieß Danny auch auf deren Grenzen. Während das Theater an Bühnenbilder, Beleuchtung und feste Strukturen gebunden ist, suchte er nach Freiheit – Bewegungsfreiheit, Lichtfreiheit, Raum für Experimente.

Gemeinsam mit befreundeten Tänzer und Performer erforschte er die Grenzen des Tanzes, losgelöst von erzählerischen Strukturen und akademischen Bewegungsmustern. Er wählte einzigartige Schauplätze, die im Kontrast zu den vertrauten Proberäumen und Theatersälen standen: die Pariser Metro, das urbane Tokio, verlassene postindustrielle Gelände, Steinbrüche. In dieser freien Umgebung konnten sich die Performer ganz der Improvisation und dem Experiment hingeben. Es entstand eine neue Dynamik zwischen Körper und Umgebung, in der Tanz keine Aufführung mehr ist, sondern eine instinktive Reaktion auf den Raum.

Danny hielt diese Momente in kraftvollen Bildern fest, die nicht nur die Bewegungen einfangen, sondern auch die enge Verbindung zwischen Mensch, Tanz und Umgebung betonen. Seine Fotografie ist keine bloße Dokumentation, sondern eine Interpretation – eine Suche nach dem Wesen der Bewegung, losgelöst von Technik und Tradition. Living on my Instinct ist so eine Hommage an die rohe, ungezähmte Kraft des Tanzes, in der Freiheit und Ausdruck im Mittelpunkt stehen.

Danny Willems

Danny Willems (°1950, Blankenberge) ist seit Jahrzehnten eine unentbehrliche, aber unverzichtbare Kraft in der belgischen darstellenden Kunst. Seine Faszination für die Fotografie begann im rot beleuchteten Labor des Photo Hall in Blankenberge, wo seine Eltern arbeiteten: Sein Vater entwickelte Filme, seine Mutter wählte die besten Bilder aus. Als Kind streifte er oft durch das Labor, fasziniert vom Zauber von Licht und Bild. Als er im Alter von sechs Jahren seinen Vater verlor, wurde diese frühe Faszination zu einem stillen Antrieb.

Als Autodidakt erlernte er das Handwerk durch Beobachtung, Experimentieren und unendlichem Ausprobieren. Seine ersten Motive fand er in der Rockszene von Ostende. Durch seine Freundschaft mit Arno Hintjens gelangte er mitten in die belgische Musikszene der 70er und 80er Jahre. Er wurde zum Fotografen einer ganzen Generation. Als erster Rockfotograf des Landes gestaltete er Dutzende von Plattencovern und Musikvideos. Sein Stil war roh, direkt und vom Rhythmus durchdrungen – eine visuelle Antwort auf Musik.

Doch in den darstellenden Künsten fand Danny seine persönlichste Ausdrucksform. Mitte der 80er Jahre wurde er eingeladen, What the Body Does Not Remember (1987), das Debütstück von Wim Vandekeybus, zu fotografieren. Dies war der Beginn einer lebenslangen Zusammenarbeit, in der er zum visuellen Chronisten von Ultima Vez, der Kompanie von Vandekeybus, wurde. Später wurde er Hausfotograf des Königlichen Flämischen Theaters (KVS) in Brüssel, wo er mit Choreograf wie Lisbeth Gruwez, Daniel Linehan, Isabella Soupart, Koen Augustijnen und dem Theatermacher Jan Decorte zusammenarbeitete.

Die Bühne wurde zu seinem Labor – ein Ort, an dem er Bewegung, Spannung und Emotion in einem einzigen Bild einfangen konnte. Dort verfeinerte er einen fotografischen Stil, der körperlich, intensiv und gradezu ist. So wurde er zu einer festen Größe in der Welt des Theaters und des Tanzes.

Acht verhalen

„Und diejenigen, die beim Tanzen beobachtet wurden, wurden für verrückt gehalten von denen, die die Musik nicht hören konnten“

Dieses Zitat passt perfekt zu der Idee, dass etwas nur dann Bedeutung erlangt, wenn man es aus einer bestimmten Perspektive betrachtet. Bei Jessica und Eddie scheint ihr Tanz zunächst chaotisch und absurd, aber sobald man die Musik hört oder versteht, auf die sie reagieren, entsteht Bedeutung. Durch die Augen eines anderen zu sehen, ist eine kraftvolle Möglichkeit, Verständnis, Empathie und Verbindung zu erleben.

Künstler: My Homeless Lover – Jessica Eirado Eines (Italien/Portugal) und Eddie Bruno Oroyan (Hawaii)

Terril Saint-Théodore Est (Charleroi)
23.08.2018 – 11:10:59


Der Butoh-Tanz entstand in Japan nach dem Zweiten Weltkrieg, in einem Land, das von atomarem Schrecken und nationaler Demütigung erschüttert war. Es ist eine avantgardistische, oft konfrontative Form des Tanzes, die mit traditionellen Ästhetiken und der westlichen Tanztradition bricht. Butoh bringt das Unterdrückte und das Tabu ans Licht – das, was normalerweise verborgen bleibt – im Gegensatz zu dem, was man im Ballett und im modernen Tanz sieht. Als ich nach Tokio reiste, suchte ich den Kontakt zur Butoh-Gemeinschaft. Dort traf ich Nobutaka und diese Begegnung führte zu einem der inspirierendsten Fotoshootings meiner Karriere.

Künstler: Nobutaka Shimura (Japan), Tänzer und experimenteller elektronischer Musiker

Tsukiji-Fischmarkt (in der Nähe des Sumida-Flusses, Tokio)
05.02.2016 – 15:12:27


Dieses Bild entstand nach einem Treffen für die Choreografin Isabella Soupart auf dem Dach des Centre Chorégraphique de Charleroi. Ich bat Johanna, frei mit abstrakten Posen zu improvisieren, aber der Blick auf den banalen Platz fühlte sich nicht richtig an. Ich wollte einen Hintergrund, der kontrastiert mit ihrer Haltung und der Melancholie, die das Bild hervorruft. Mit Hilfe von KI fand ich diese unberührte, düstere Landschaft, die genau die richtige Atmosphäre hinzufügt.

Künstlerin: Johanna Willig Rosenstein (Frankreich)

Centre Chorégraphique de Charleroi Dance (Charleroi)
17.10.2019 – 11:42:27


Tanzende Hände

Tanzende Hände strecken sich aus und kommunizieren mit einer eleganten Dynamik. Manchmal sanft und zärtlich, dann wieder kräftig und zwingend. Als Tanzfotograf habe ich entdeckt, dass Ausdruck nicht nur in einem Blick oder einem Sprung zeigt, sondern auch in den Händen. Sie sind mehr als ein Teil des Körpers; sie erzählen Geschichten.

Künstler: Nobutaka Shimura (Japan), Tänzer und experimenteller elektronischer Musiker

Tsukiji-Fischmarkt (in der Nähe des Sumida-Flusses, Tokio)
05.02.2016 – 15:12:27


Hitze, Schweiß, rissige Erde

Unregelmäßige Bewegungen scheinen die Trockenheit nachzuahmen. Der Körper wirft lange, tanzende Schatten in der späten Nachmittagssonne und vermittelt einen verlängerten, unfassbaren Eindruck. Hinter meinem Sucher sehe ich, wie die Intensität der Hitze, der Anstrengung und der Verbindung mit der Erde fast unerträglich erscheint, als ob der Körper sich einen Ausweg schreit.

Künstler: Guilhem Chatir (Frankreich)

Carrière d’Ermitage (Lessen)
25.08.2016 – 16:10:16


Ich wollte Fotos am Site des Deux-Caps machen, angezogen von der unberührten Schönheit des Ortes. Guilhem fand es interessant, ein schwarzes Stück Stoff mitzubringen. Dies führte zu einer visuellen und physischen Erkundung der Beziehung zwischen Mensch, Bewegung, Form und Umgebung. Die schwarze Seide fungiert als Verlängerung des Körpers, schwingt rhythmisch im Wind, schleppt über die Felsen und fügt sich in die Elemente der Natur ein.

Künstler: Guilhem Chatir (Frankreich)

Site des Deux-Caps (Frankreich)
23.10.2019 – 12:32:52


Als ich die Aufführung Bête Noir des Choreografen Wim Vandekeybus fotografierte, fiel mir Tanias eingefrorene Pose auf. Die Haltung erfordert totale Körperbeherrschung. Indem ich diese Pose auf die Straße brachte und aus einer versteckten Position fotografierte, wollte ich die Reaktion der Passanten auf diese bizarre Situation beobachten. Die statische, eingefrorene Haltung wirft Fragen auf und schafft eine Spannung zwischen dem Gewöhnlichen und dem Fremden. Einige reagierten überrascht, andere wollten helfen, aber die meisten gingen gleichgültig vorbei.

Künstlerin: Tanja Marín Friðjónsdóttir (Island)

Théâtre de la Ville, Quai de Gesvres & Métro Châtelet (Paris)
16.04.2014 – 19:18:16


Das Shooting mit Guilhem fand während der Hitzewelle von 2016 am heißesten Tag des Sommers statt. In dem offenen Steinbruch von Lessines, 50 Meter tief, war es brütend heiß. Die ausgetrocknete Erde riss in unregelmäßigen Mustern. Nach ein paar intensiven Tanzbewegungen strömte der Schweiß von Guilhem. Der wirbelnde Staub klebte an seinen Kleidern und seiner Haut und bildete eine zweite Schicht – als ob er nicht auf dem Boden tanzte, sondern daraus hervorkam.

Künstler: Guilhem Chatir (Frankreich)

Carrière d’Ermitage (Lessen)
25.08.2016 – 17:05:58

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